Rajah und Billy

Rajah's Geschichte

Wenige Tage vor unserem Besuch beim Tierheim Scooby nahe Madrid kam Raquel neu auf die Website der zu adoptierenden Galgos. Sie wurde auf 5 Jahre geschätzt und als sozial und freundlich beschrieben. Um bei Scooby unter den vielen, vielen Galgos etwas Orientierung zu haben, druckte ich alle Hunde der Adoptionsseite aus, die vom Alter und der Beschreibung her in Frage kamen. Das Bild von Raquel hätte gereicht...



Wir fuhren aus drei Gründen zu Scooby: Wir wollten das Gelände, die Hunde und die Mitarbeiter kennen lernen, wir hatten Sachspenden im Gepäck und wir hatten mit GPI vereinbart, dass wir uns vor Ort einen Galgo zur Adoption aussuchen könnten. Einige Monate zuvor hatten wir bei Nina Jordan diese außergewöhnliche Rasse kennen gelernt und uns war sofort klar, dass ein Galgo gut zu uns passen würde. Wir verbrachten den ganzen Vormittag bei Scooby, doch unsere Wahl fiel bereits nach einer halben Stunde auf Raquel. Sie war so süß, stand immer etwas abseits von den anderen, als würde sie nicht verstehen, was da vor sich geht. Wir durften sie direkt vom Paddock aus mit nach vorne nehmen und konnten sie so besser kennen lernen. Sie war ganz still und brav, ging mit uns in das Hauptgebäude und wartete geduldig, was mit ihr geschehen würde. Wir erfuhren, dass sie erst rund 2 Monate bei Scooby war. Leider konnte sie nicht sofort mit uns abreisen und so mussten wir noch einen Monat warten, bis wir unsere Maus in Willich abholen konnten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns bereits auf einen neuen Namen geeinigt, da wir Raquel zum Rufen zu hart fanden: Sie sollte Rajah heissen. Wir hatten uns nach unserem Besuch noch oft die Fotos von Scooby und vor allem von Rajah angesehen und konnten es kaum erwarten, sie endlich nach Hause zu holen.

Rajah ist unser erster Hund und so waren wir unheimlich aufgeregt, als wir endlich bei Nina und Karl-Heinz Jordan ankamen, um sie nach Hause zu holen. Ausnahmsweise sollte sie nicht zunächst in der Pflegestelle bleiben, sondern durfte sofort nach ihrer Ankunft aus Spanien zu uns umziehen. Uns erwartete jedoch eine unschöne Überraschung: Rajah war kurz vor ihrer Abreise im Paddock von den anderen gebissen worden und hatte auf beiden Seiten große Fleischwunden am Oberschenkel. Sie lief damit ganz normal und schien sich auch sonst nicht daran zu stören. Uns kam nie der Gedanke, sie deswegen erst in der Obhut der Pflegestelle zu lassen, und so nahmen wir sie mit. Rajah kletterte auf die Rückbank unseres zweitürigen Wagens, als hätte sie das schon seit Jahren gemacht. Sie rollte sich ein und war die ganze Fahrt über mucksmäuschenstill. Wieder ging es uns durch den Kopf, was für außergewöhnliche Hunde diese Galgos doch sind.

Wir hatten uns zwei Wochen komplett frei genommen, um Rajah einzugewöhnen, und auch danach hatten wir viel Zeit für sie frei gehalten. Die ersten beiden Nächte verbrachten wir bei ihr im Wohnzimmer, damit sie nicht einsam war, doch schon am zweiten Tag fingen wir an, das Alleinbleiben mit ihr Schritt für Schritt zu üben. Wir haben Rajah dabei nie betüdelt, doch schon unsere Anwesenheit gab ihr immer mehr Sicherheit und während wir am Schreibtisch arbeiteten, konnte sie sich nach langer Zeit endlich richtig ausruhen. In den ersten Wochen verbrachten wir einen recht großen Teil der freigehaltenen Zeit beim Tierarzt. Die alten Wunden wurden genäht und Rajah sollte sich so wenig wie möglich bewegen. Also trugen wir sie über eine Woche lang drei- bis viermal täglich von unserer Wohnung im dritten Stock runter und wieder rauf, damit sie draußen ihr Geschäft machen konnte. Dennoch ging die Naht auf der einen Seite wieder auf und nach einem Besuch in der Tierklinik fingen wir an zweimal täglich zu spülen, zu cremen und zu pflastern. Greyhound Protection unterstützte uns in dieser Zeit nicht nur moralisch sondern auch finanziell ganz erheblich. An dieser Stelle dafür nochmal ein dickes DANKE!

Rajah benahm sich in allen Lebenslagen einfach nur toll. Sie war auf Anhieb stubenrein, sie lief am zweiten Tag die Treppen zu unserer Wohnung (natürlich nicht direkt nach der OP) und traute sich nach einmaligem Tragen auch in fremde Hauseingänge. Bei sämtlichen Tierärzten war sie aufgrund ihrer zurückhaltenden, lieben Art auf Anhieb sehr beliebt. Wir entschieden noch in der ersten Woche, dass sie unseren alten Sessel als Liegeplatz haben darf, und dort verbringt sie seitdem die Nächte so leise, dass wir uns am Anfang gegenseitig daran erinnern mussten, dass wir jetzt einen Hund haben! In den ersten Wochen zeigte sie anderen Hunden gegenüber noch ängstliche Zurückhaltung. Wir sind Hundebegegnungen jedoch nicht ausgewichen, sondern haben einfach so getan, als wäre gar nichts. Natürlich konnte Rajah einen Bogen um den Hund machen, wenn sie wollte, doch schon bald siegte die Neugier. In unserer Nachbarschaft leben zum Glück viele kleine Hunde, die sie nicht als gefährlich einstufte.

Nach und nach blühte Rajah auf, legte wieder Gewicht zu, fing an mit Hunden und Bällen und Quitschies zu spielen und wir konnten sie überall hin mitnehmen. Nach zwei Monaten zeigte sie uns, dass sie auch bellen kann und nach drei Monaten begleitete sie uns einen Tag lang im Zoo Hannover und schaute sich alles sehr interessiert an – vor allem natürlich die Meerschweinchen! Wir ließen uns von einer Hundetrainerin in ein paar Einzelstunden den Umgang mit der Schleppleine zeigen und bemerkten, dass unsere Vorarbeit in der Wohnung und an der kurzen Leine schon Wirkung zeigte: Rajah blieb in unserer Nähe, kam auf Zuruf meist sofort angerannt und ließ zu unserer Freude eine sehr gute Bindung erkennen. Wir können sie mittlerweile in wildarmen Gebieten wie z.B. auf den Rheinwiesen ableinen, wobei wir sehr, sehr vorsichtig in der Wahl dieser Gebiete sind, da unsere Langnase selbige auch zum Aufstöbern von Wild nutzt - von wegen Sichtjäger...



Nun lebt Rajah schon fast ein Jahr bei uns, das wie im Flug vergangen ist. Die vielen Tierarztbesuche und Wundversorgungen der ersten Zeit haben wir alle drei schon vergessen und wir genießen die Zeit zusammen. Rajah ist immer noch total unkompliziert und hat auch die Pessimisten in der Familie überzeugen können. Anders als viele Galgos, die ich in der Pflegestelle von GPI kennen lernen durfte, ist sie (noch) nicht besonders verschmust, schätzt aber unsere Gesellschaft sehr und hält sich immer dort auf, wo wir auch sind. Sie springt wie ein junger Hüpfer durch die Gegend, freut sich über andere Hunde als Spielkameraden, thront wohlig brummend auf ihrem Sessel und weiß sich in jeder Situation zu benehmen. Erst neulich trafen wir auf einem Feldweg zwei Hasen, die sie in helle Aufregund versetzten. Nach ein paar Minuten Hinterher-Schnüffeln konnten wir den Spaziergang jedoch ganz entspannt fortsetzen und ich hatte wieder nur das Gewicht der Leine in der Hand. Durch Rajah haben wir viele Leute mit Windhunden kennen gelernt und treffen uns regelmäßig, um den Hunden den Kontakt zu und das Spiel mit anderen Windhunden zu ermöglichen. Rajah verträgt sich zwar mit allen Hunden, aber es ist für sie doch schön einen Spielkameraden zu haben, der auch mal ihr Tempo gehen kann. Überhaupt sieht es wunderschön aus, wenn sie sich bewegt. Durch Rajah kommen wir oft mit Passanten ins Gespräch und nutzen diese Gelegenheiten, um über das Schicksal der Galgos in Spanien aufzuklären. Die meisten können kaum glauben, was mit diesen sanften Hunden geschieht und schauen uns manchmal schon ungläubig an, wenn wir nur sagen, dass unser Hund vom Tierschutz ist. Rajah hat ohne Zweifel unser Leben umgekrempelt – ohne sie können wir es uns aber auch nicht mehr vorstellen. Es sind wirklich außergewöhnliche Hunde, diese Galgos!

Julia & Thorsten mit Rajah


Billy's Geschichte

Es ist ein Junge!


Ein Artikel, der allen Hundeliebhabern Mut machen sollte sich ebenfalls für einen Rüden zu entscheiden

Ein Jahr nachdem wir eine Galgo-Hündin Rajah aus dem Tierheim Scooby adoptiert hatten, beschlossen wir, einem weiteren Galgo ein Zuhause zu geben. Damals wollten wir gerne ein Mädchen. Nun überlegten wir lange hin und her, ob wir dieses Mal einem Jungen eine Chance geben sollten. Einerseits sagt man ja, dass Rüde und Hündin im Zusammeleben unkomplizierter sind, andererseits teilten wir die üblichen Vorurteile, die anscheinend viele Menschen von der Adoption eines Rüden abhalten: Sie sind unheimlich groß, markieren ständig und überall, sind eher rau im Umgang, neigen eher als ein Mädchen zur Aggression und bekommen daher oft Probleme mit andere Rüden und überhaupt sind die Mädchen doch viel unkomplizierter und anschmiegsamer, oder?

Unsere Erfahrungen nach einem Monat: So kann man sich täuschen!

Aufgrund der schlechteren Vermittlungschancen der Rüden entschieden wir uns, nach einem Jungen als Kumpel für unser Mädchen Ausschau zu halten. Da sie sehr sicher ist, durfte es auch ruhig ein etwas unsicheres Kerlchen sein, da er sich dann an ihr orientieren könnte. So gingen wir auf die Suche im Internet und fanden Billy, ein etwa 4-jähriger schüchterner Junge, der bei Scooby auf seine Familie wartete. Er sah unheimlich süß aus und hatte sich ganz klein in sein Körbchen gekuschelt. Wir nahmen Kontakt zu GPI auf und man war sofort bereit, ihn für uns nach Deutschland zu holen.


Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Pflegestation von GPI kam der kleine Mann dann zu uns. Unsere Hündin verstand sich auf Anhieb sehr gut mit unserem neuen Familienmitglied. Wie wir uns schon gedacht hatten, orientierte er sich gleich an seiner „großen Schwester“, und die beiden teilten sich bereits am ersten Abend das Bettchen. Er ist zwar ein bisschen größer und ist mittlerweile auch ein bisschen breiter als unser Mädchen, von „unheimlich groß“ kann jedoch keine Rede sein.

Die folgenden Tage waren sehr aufregend für Billy. Wie beschrieben war er zunächst sehr schüchtern. So machte er immer einen großen Bogen wenn er bei unseren Spaziergängen anderen Leuten begegnete. Andere Hunde wurden vorsichtig von ihm beschnuppert. Zu uns fasste er sehr schnell Vertrauen, und er genoss von Anfang an seine Streicheleinheiten. Anders als unsere Galga, die sich zwar gerne den Bauch kraulen lässt, ansonsten aber wenig Kontakt sucht, kam Billy von Anfang an zu uns und legt seinen Kopf in den Schoß, damit wir ihn beschmusen können. Er ist sehr anhänglich und passt immer auf, dass wir in der Wohnung nicht verloren gehen. Seine Unsicherheit draußen wird von Tag zu Tag besser und er läuft wunderbar an der Leine. Im Umgang ist er ganz unkompliziert: Pfoten abputzen oder Ohren säubern ist gar kein Problem, einzig das Baden gefiel ihm gar nicht.



Billy hat keine Probleme mit anderen Hunden, auch nicht mit Rüden, und wahrscheinlich wird auch noch ein bisschen Zeit vergehen, bis er überhaupt anfängt zu markieren. Wir werden ihm dann zeigen, wo er darf und wo nicht – da er wie alle Rüden von Scooby kastriert zu uns kam, machen wir uns darüber keine Sorgen mehr. Mittlerweile freut er sich auch, wenn er von Freunden gestreichelt wird, und beginnt langsam seine neue Wohngegend genauer unter die Lupe bzw. die Nase zu nehmen. Er geht sehr lieb mit unserer Galga um und legt sich immer ganz vorsichtig und klein zusammen gefaltet zu ihr auf die Couch. Nur die morgendliche Begrüßung ist sehr stürmisch – dabei drängelt er sich auch schon mal ein bisschen vor. Unsere anfänglichen Bedenken hat Billy aber gekonnt zerstreut und wir können nun sagen:

Es ist ein Junge….und das ist auch gut so!

Julia & Thorsten mit Rajah und Billy

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