Bonnie
Wie wir Besitzer einer Galga wurden, oder soll ich besser sagen "eine Galga nahm uns in Besitz"?
Ich habe mir bereits als Kind immer einen Hund gewünscht, leider bin ich nicht über diverse Vogelarten, Kaninchen und Hamster hinaus gekommen.
Da ich auch einige Allergien habe, hatte ich bereits jahrelang mit diesem Thema ober- flächlich abgeschlossen. Vor 11 Jahren wurden wir dann durch einen Zufall Besitzer von 2 Katzen (Tonkanesen) die keine Allergie hervorriefen.
Im Jahre 2002 hatten wir eine Woche Teneriffa gebucht, ich dachte mir, wir tun ein gutes Werk und werden Flugpaten. Da wurde ich auf das Schicksal der Podencos aufmerksam. Auch diese Hunde werden auf den span. Inseln in den Bäumen aufgehängt oder anderweitig entsorgt. Ich war sofort fasziniert von diesen Hunden. Ich hatte dann auch das Glück in dem Tierheim für das wir 2 Hunde mit nach Deutschland nahmen, eine junge ausgesetzte Podenca kennen zu lernen.
Mittlerweile haben wir 2 Söhne 6 und 9 Jahre und kauften uns 2003 ein Haus mit großem Garten (für den Hund). Tatsächlich hatten wir aber im Frühling 2010 immer noch keinen Hund, die Kinder sind beide sehr lebhaft und nahmen viel Zeit in Anspruch, zudem bin ich auch nach relativ kurzer Zeit wieder Teilzeit arbeiten gegangen. Im Jahr 2008 hatten wir das Tierheim Troisdorf am Tag der offenen Tür besucht und lernten dort die Greyhoundprotection kennen. Ich erhielt eine Visitenkarte von der damaligen Adoptionsbetreuerin und legte mir diese sicher weg. Im Jahr 2009 schleppte ich meine Familie wieder dorthin und im Mai 2010 überredete ich meine Männer zum Besuch der Kölner Rennbahn zum Event 4 Dogs. In den vergangen 2 Jahren ging ich immer mal wieder auf die Internetseite der Greyhoundprotection und schaute mir die Hunde an. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber ich habe immer wieder meinen Mann daran erinnert und genervt, dass wir eigentlich das Haus mit dem großen Garten für einen Hund gekauft haben. Endlich hatte ich ihn weich geklopft und wir machten einen Termin mit der Adoptions-betreuerin bei den Pflegehunden fest. Leider stellte sich dann bei dem Besuch der Pflegehunde heraus, dass kein geeigneter Hund für uns dabei war. Der Hund musste einige Vorraussetzungen erfüllen: katzentauglich, kinderlieb (d. h. er durfte nicht schreckhaft sein), musste Mo-Do ca. 7 Stunden alleine bleiben können und sollte Treppen laufen dürfen. (Ja, solche Hunde gibt es wirklich und Bonnie ist so eine Hündin) Glücklicherweise sollten 2 Wochen später wieder neue Hunde von Spanien kommen.
Es kamen 3 Hündinnen, die zuvor als katzentauglich getestet wurden. In der Zwischenzeit wurde bei uns zu Hause eine Vorkontrolle gemacht und wir haben unseren Garten hundetauglich gemacht, d. h. eine komplette Umzäunung in Höhe von 1,80 m.
Ja und da kam dann der Tag an dem wir unsere Bonnie abgeholt haben. Ein jahrelanger Traum sollte also Wirklichkeit werden. Es war mir doch ein bisschen mulmig zu Mute, würde ich den Anforderungen eines Hundes gerecht werden, bricht jetzt zu Hause das Chaos aus?
Wird der Traum zum Alptraum?
Ich hatte mir alle Adoptionsberichte die eingestellt waren zuvor durchgelesen und mich und meinen Mann auf alles Mögliche vorbereitet. Wir haben Sie also zu viert abgeholt und haben uns dann zu hause erst mal um die Abfütterung der Zweibeiner gekümmert, ja, da haben wir doch nicht aufgepasst und fasst wäre der Fisch in Bonnies Magen verschwunden. Unsere Katzen bettelten und klauten nicht am Tisch, also umdenken. Wir haben dann einen langen Spaziergang an der Sieg gemacht und machten dann an einem Spielplatz halt. Mit Picknick-Decke, Wassernapf für den Hund und natürlich etwas für die 2-Beiner, aber Bonnie hatte gar keine Lust, sich hinzulegen. Sie musste sich die Kinder auf dem Spielplatz anschauen und alles andere natürlich auch. Auf dem Rückweg besuchten wir meine Eltern noch auf ein kühles Getränk und Bonnie konnten wir im Hof ohne Leine laufen lassen. Zu hause angekommen hat sie sich auf ein Sofa gelegt und geschlafen. Mein Mann ist dann am Abend noch eine Pipi-Runde mit ihr gegangen und dann kam sie 2 Etagen höher in unser Schlafzimmer und schlief neben meinem Bett. Mit unserer Holztreppe hatte sie einige Probleme. Das klappt aber inzwischen gut, nur manchmal hat sie es sehr eilig, dann kommt sie schon mal ins Rutschen. Ich hatte mir dann extra für den nächsten Morgen den Wecker auf 7.00 Uhr gestellt, schnell geduscht und mit dem Hund raus, damit nur ja kein Malheur passiert.
(Ich hatte ja noch im Hinterkopf die ganzen guten Empfehlungen, ja wenn du einen Hund hast, musst du immer früh aufstehen, wenn der raus will, weckt der dich. Da unsere Jungens aber ausgesprochene Frühaufsteher sind, konnte mich das alles nicht schocken. In den letzten 4 Monaten ist es aber noch kein einziges Mal vorgekommen, dass mich Bonnie geweckt hat. Im Gegenteil, sie genießt das Wochenende, dann geht es vor 9.00 oder 10.00 Uhr nicht die Tür raus. In der Woche um 6.00 oder 6.15 Uhr muss ich doch sehr oft rufen, damit die Gnädigste sich aus ihrem Körbchen bemüht).
Am 2ten Tag besuchten wir dann noch einen Flohmarkt, wir hatten uns gesagt, wir schauen und sobald sie irgendwelche Anzeichen von Stress zeigt, drehen wir um. Sie hat es aber ganz souverän gemeistert. Als ich dann am Abend unserer Adoptionsbetreuerin den Stand der Dinge berichtete, war sie doch etwas erschrocken, was wir dem armen Hund zugemutet haben. Bonnie hat aber überhaupt keine Probleme mit Menschen-Massen, sie ist sehr geduldig, hat auch locker und mit Begeisterung den Wandertag der Grundschule mit gemacht.
Allerdings lassen wir sie jetzt bei unseren Flohmarkt-Besuchen alleine zu Hause auf der Couch. Man lernt ja dazu und das jeden Tag.
In den ersten Tagen, hatte sie doch etwas Not ich könnte verloren gehen und verfolgte mich auf Schritt und Tritt. Am 5ten Tag (wir hatten insgesamt 3 ½ Wochen Urlaub) bin ich mit meinem großen Sohn zur Bücherei gefahren. Als ich nach Hause kam, war die Haustür abgeschlossen, mein Mann und unser Jüngster saßen aber am Tisch. Bonnie hatte wohl Not bekommen, kurzerhand die Haustür geöffnet und wollte mich suchen. Mein Mann musste sich noch Schuhe anziehen, Leine und Hausschlüssel schnappen und ist raus. Gott sei Dank wies eine Nachbarin ihm den Weg, Bonnie hatte es nur auf die andere Straßenseite in einen Garten geschafft und hat dann ein bisschen Sport mit meinem Mann getrieben, ein mal rechts, ein mal links um ein geparktes Auto, bis ein Nachbar aufmerksam wurde und sich mit dem Spaten in den Weg stellte. Das ganze hätte auch schlimmer enden könne. Ihm ist ganz schön der Schweiß ausgebrochen. Wir schließen jetzt also auch, wenn wir zu Hause sind unsere Haustür ab. Man weiß ja nie, wann ihr mal wieder der Kopf nach einem Ausflug steht.
Für unsere morgendliche Runde, die wir jetzt in 20-30 Minuten schaffen, haben wir anfänglich gute 45 Minuten gebraucht. Wir sind sehr oft stehen geblieben und Bonnie hat sich in Ruhe alles angeschaut (ich fühlte mich schon etwas belächelt von anderen Spaziergängern, da wir nicht wirklich vorwärts kamen).
Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob wir uns Bonnie angepasst haben, oder ob sich Bonnie uns angepasst hat. Es gab keinerlei der befürchteten bzw. erwarteten Probleme. So als Hundeanfänger kann es ja zu einigen Missverständnissen kommen. Aber wir leben unser Leben, als ob sie schon immer da gewesen wäre. Sie ist sehr pflegeleicht und stellt keinerlei Ansprüche.
Aus unserer Sicht können wir über unser neues Familien-Mitglied nur positive Dinge berichten. D. h. wir betrachten gelegentliches "Klauen" von Schokobroten unserer Kinder nicht als strafbar. Die Jungens regen sich natürlich fürchterlich auf, aber wenn sie sich mal wieder um alles andere als um ihr Frühstück gekümmert haben und sich dem Tisch abgewandt haben, können wir nur sagen – Pech gehabt -. Sie hat die Situation aber auch genau im Blick, beobachtet genau und schafft erstmal alle Beute in ihr Hundesofa.
Ihr Futter frisst sie dann, wenn sie Lust darauf hat, es steht den ganzen Tag dort und sollte die Schüssel mal leer sein, wird mir das durch ein Winseln oder einen kleinen Beller angekündigt. Wochenlang waren wir uns gar nicht sicher, ob sie wirklich zur Gattung Hund gehört. Wir hatten Sie noch nicht bellen gehört. Erst als wir mal abends mit Nachbarn im Garten saßen, raschelte etwas im Gebüsch und sie bellte.
Sie liebt unsere Katzen und ist sehr erfreut und begrüßt die 2, wenn wir von einem Spaziergang kommen (sie darf an ihnen schnüffeln). Aber leider sind unsere Katzen immer noch etwas misstrauisch. Sowohl unsere Kinder als auch die von Besucher werden freudig begrüßt. Sobald die Kinder auf der Couch sitzen, muss sie sich dazu legen. Selbst wildes Spielen mit viel Lärm kann sie nicht erschüttern. Anders der Staubsauger und der Fön, da hat sie Respekt vor und flüchtet lieber.
O. k. unsere Anzahl an Sitzplätzen auf der Couch ist drastisch geschrumpft, sie schafft es ohne weiteres eine 3er Couch für sich in Beschlag zu nehmen und will natürlich in den meisten Fällen dorthin, wo bereits jemand sitzt.
Bei unseren Spaziergängen gehen wir auch durchaus mal links statt rechts und lassen Bonnie den Weg bestimmen, sie hat manchmal sehr genaue Vorstellungen, wohin sie möchte. Solange wir keinen Zeitdruck haben, darf sie entscheiden.
Den Umgang mit der Flexleine mussten wir und auch Bonnie lernen. Aber es klappt mittlerweile super und es bleibt abzuwarten, ob es auch noch mit 2 Hunden an der Flexleine klappen wird. Leider scheiterte die Aufnahme eines Rüden an der Katzentauglichkeit. Aber wir waren uns nach relativ kurzer Zeit einig, das Bonnie nicht alleine bleiben soll, ein weiterer Hund kann nur eine Bereicherung sein, alle die vorher skeptisch waren (oh Gott, Teilzeit arbeiten, 2 Kinder, 2 Katzen mutet ihr euch da nicht zuviel zu) sind einfach begeistert von Bonnies Wesen.
Gelegentlich macht Bonnie Diebesgut, wie einen Hausschuh, ein Plüschtier, den Adventskranz und schleppt alles in ihr Hundesofa. Allerdings bleiben diese Dinge unbeschädigt und man kann sie danach einfach wieder an Ort und Stelle bringen, ohne zu schimpfen. Der Mülleimer hat es ihr angetan, ein paar Mal hat sie es geschafft ihn neu zu ordnen. Jetzt wird er hinter der Kellertür versteckt (wenn wir daran denken), sobald wir das Haus verlassen. Wenn wir es vergessen, müssen wir danach halt wieder aufräumen.
Bonnie fährt sehr gerne Auto und kennt unseren Tagesablauf wesentlich besser als unsere Kinder. Sie weiß genau, bei nassem Wetter werden die Füße und je nach dem der Körper getrocknet und lässt dieses geduldig über sich ergehen. Sie entfernt sich erst nach Aufforderung aus dem Flur.
Gelegentlich entdecken wir auch neue Seiten, sie schnappt sich ein Kuscheltier, wirft es in die Luft und ist wohl erstaunt über sich selber. Neulich klaute sie einem Rüden auf dem Spaziergang einen Kong und lief mit ihm weg. Ich denke im Laufe der Zeit wird sie bestimmt noch etwas ausgelassener werden. An der Leine dreht sie sich öfter wild wie ein Kreisel und hat im Schnee mit Begeisterung getobt.
Abschließend kann ich sagen, mein Traum wurde erfüllt und wir sind angenehm davon überrascht, wie einfach und unkompliziert das Leben mit einer Galga sein kann. Wir glauben – wir sind für einander bestimmt -.
Ich möchte mich bei allen GPI-Mitarbeitern bedanken, die uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben und hoffe Sie verfolgen noch lange Jahre ihr Ziel und verhelfen noch vielen dieser zauberhaften Wesen zu einem Zuhause.
Fam. Steinbach aus Sankt Augustin